Am Ende zu viel gewollt
20. November 2017In Unterzahl kämpften sich die Saalestädter im Heimspiel gegen Ottersleben ins Spiel zurück. Am Ende wurde die TSG Calbe aber bei der 2:4-Niederlage eiskalt ausgekontert.
Die Torwarthandschuhe hatte sich Benjamin Richter schon während seines Ganges vom Rasen ausgezogen. Der Arbeitstag für den Keeper der TSG Calbe im Heimspiel in der Landesliga am Sonnabend gegen den VfB Ottersleben war schon in der 30. Minute beendet. Rot für den Schlussmann gab es nach einem Foul im Strafraum gegen den Ex-Kleinmühlinger Kevin Junge. „Jedes Mal muss ich diese Scheiße ausbaden“, brüllte er noch in Richtung seiner Teamkollegen, dann verschwand er wutentbrannt in der Kabine.
Da wurden irgendwie Erinnerungen wach an das Auswärtsspiel vor zwei Wochen bei Union Heyrothsberge. Auch da hatte Richter einen Elfmeter verursacht. Damals gab es allerdings nur Gelb und der Strafstoß ging auch nur an die Latte. Damals gewann Calbe ja auch mit 3:2, diesmal unterlag die TSG hingegen mit 2:4 (1:2).
Einiges war also doch anders. Und am Ende hing beim Verlauf der Partie auch viel mit dem Platzverweis gegen Richter zusammen. Nach dem Fingerzeig des Schiedsrichters Richtung Dusche wechselte TSG-Trainer Marko Fiedler den 20-jährigen Lucas Schulz für Pascal Weber ein. Er konnte den fälligen Strafstoß aber nicht halten. So führten die Gäste um Mario Katte, Ex-Trainer von Union Schönebeck, nach 31 Minuten durch Matthias Dieterichs bereits mit 2:0. Das 1:0 hatte Maximilian Stockhaus mit einer Bogenlampe aus 20 Metern besorgt (25.). Das war nicht unverdient. „Die erste Halbzeit haben wir verschlafen“, schätzte TSG-Abteilungsleiter Rainer Schulze ein. „Wir waren gar nicht richtig auf dem Platz.“
Er wollte dann Richter bei der Roten Karte auch gar keinen Vorwurf machen. „Da waren ja noch zwei Spieler im Strafraum. Ich fand das übertrieben.“ Und weiter: „Wie schon beim 0:1 gab es ja vorher schon eklatante Abwehrfehler.“ Schulze nahm also den gesamten Defensivverbund in die Bringepflicht.
Aber irgendwie hatten die Ampelkarte und die Unterzahl für die Gastgeber sogar etwas Gutes. Denn jetzt erst fingen die Calbenser an, sich mit Leidenschaft und Emotionen gegen die erste Pleite nach zuvor drei Siegen am Stück in der Liga zu wehren. Mit dem Halbzeitpfiff zimmerte Enrico Palm noch einen Freistoß aus 18 Metern ins linke obere Eck, doch erst nach dem Seitenwechsel drehte Calbe richtig auf.
In der 52. Minute zeigte Schiedsrichter Benedict Ohrdorf das zweite Mal auf den Punkt. Lucas Dübecke wurde gefoult, nachdem Palm eine Flanke von links in den Strafraum gebracht hatte. Dübecke ignorierte die eiserne Fußball-Regel, dass der Gefoulte nicht selbst schießen darf und glich aus. Wobei der Schuss eher unplatziert war. Der gegnerische Keeper Benjamin Wende war noch dran, der Ball kullerte aber hinter ihm ins Netz.
Dies war aber der endgültige Hallo-wach-Effekt für Calbe.Mit effektvollen langen Bällen in die Spitze brachte die TSG die Rand-Magdeburger immer wieder in Bedrängnis. Auch Schulze war mehr als einverstanden mit dieser Drangphase. „Wir dachten ja, dass es schon gelaufen ist. Aber wir hatten dann so viele Chancen. Allein Enrico Palm war zwei- oder dreimal völlig frei durch, schießt dann aber den Mann an.“ Trotzdem: „Die Einstellung war einwandfrei in der zweiten Halbzeit. Ich hätte mir das nur von Anfang an gewünscht.“ Es muss tatsächlich ein kleines Kopfproblem vorliegen, wenn eine Mannschaft erst in Unterzahl die so erfolgreichen Tugenden in die Waagschale werfen kann.
Calbe drängte aber weiter und wurde dann zweimal klassisch ausgekontert. Erst traf Toni-Vincent Haberland zum 3:2 aus Sicht der Gäste (76.), in der Nachspielzeit traf Junge zum 4:2. Was auch nicht völlig unverdient war. „Die Konter von Ottersleben waren nicht ungefährlich“, sagte Schulze. Vielleicht hatten die Saalestädter auch einfach zu viel Gas gegeben. „Am Ende haben wir zu viel gewollt“, so Schulze. Wer weiß: „Hätten wir das 3:2 geschossen, wäre das Spiel vielleicht für uns ausgegangen.“
Hätte, wäre, wenn. Am Ende stand Calbe mit null Punkten da. Aber die positive Grundtendenz der zweiten Halbzeit bleibt hängen.
Calbe: Richter – Lull (72. Schellbach), Harms, Denisenko (65. Noack), Schmidt, Baartz, Voigt, Gernat, Palm, Dübecke, Weber (31. Schulz)
Tore: 0:1 Maximilian Stockhaus (25.), 0:2 Matthias Dieterichs (31., FE), 1:2 Enrico Palm (45.+2), 2:2 Lucas Dübecke (52., FE), 2:3 Toni-Vincent Haberland (76.), 2:4 Kevin Junge (90.+2)
Schiedsrichter: Benedict Ohrdorf (Grün-Weiß Süplingen)
Zuschauer: 67
Rot: Benjamin Richter (Calbe, 30.)
Quelle: Volksstimme Schönebeck vom 20. November 2017