Rückblick in die Historie – 2016 – Detlef Sobczak

1. Juni 2020

Der „Heger“ als zweites zu Hause

Barfuß über einen feinen Sandstrand schlendern. Zur linken Seite das Meer, türkisblau. Die Wellen ziehen bis zum Ufer. Die salzige Luft legt sich auf die Lippen. Zur Rechten grünes, undurchdringliches Dickicht, von hohen, langen Palmen durchsetzt. Ein Ort, an den sich jeder wünscht? Nein. Nicht für jeden klingt das paradiesisch. Für Detlef Sobczak ist der Ort, an dem er sich wohl fühlt, der Hegersportplatz.

Einen Monat bevor Sobczak neun Jahre alt wurde, verlor er sein Herz, an den Fußball, an die TSG. Wahrscheinlich wusste er es in diesem Moment noch nicht, aber heute, 46 Jahre später, benennt er sich zu Recht selbst als „Inventar“, wenn er seine Geschichte erzählt – die des Sportlers, Trainers, Anhängers, Betreuers, Vermittlers. Die Fußball-Abteilung der TSG Calbe wurde sein zweites Zuhause. Familie, Arbeit, Fußball – das sind die drei Säulen im Leben von „Dete“, wie Sobczak in vertrauter Umgebung genannt wird.

Als Mannschaftsbetreuer und Co-Trainer der ersten Männer ist er jetzt in der zweiten Saison im Einsatz – mit Leib und Seele. Wie schon immer für den Verein. Gemeinsam mit Freunden und auf Geheiß seiner Sportlehrer kam er zum Fußball. Bei den ‚Kindern‘ fing alles an. Die Abteilungen der Knaben, Schüler und Junioren folgten – natürlich bei der TSG. Es sei das Mannschaftsgefühl, die Kameradschaft, die gemeinsame Freude nach einem Spiel, das man gewonnen hat, was die Sportart ausmache. Und Sobczak war gut. So gut, dass er frühzeitig, mit 17 Jahren, die Trainer überzeugte und in das Männerteam wechseln durfte. Seinen Einstand gab er als rechter Stürmer gegen die ZLG Atzendorf. „Ich konnte die ganze Nacht davor nicht schlafen“, erinnert er sich noch genau an die Aufregung, die das Ereignis für ihn mit sich brachte. „Das war unbeschreiblich.“ Wenn er davon erzählt, kann man die Aufregung bei ihm noch spüren. Eine gewisses Lampenfieber legte sich nie. Selbst heute steht Sobczak von Sonnabendmorgen bis nach einem Spiel „unter Strom“. Das ist bei diesem ruhigen, ausgeglichenen Mann kaum vorstellbar.

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Ein Beweis: Im Sportlerheim der TSG hängen viele Fotografien. Nicht nur auf einer davon ist Detlef Sobczak zu sehen. Auf dieser ist der 55-Jährige mit seiner ehemaligen Herren-Mannschaft abgebildet. | Foto: Franziska Herz

Bis 1993 blieb der heute 55-Jährige bei den Männern. In den Jahren erlebte er viel. Unter anderem den Aufstieg in die Bezirksliga. Oder – woran sich Sobczak mit einem Strahlen in den Augen am liebsten zurückerinnert – ein Freundschaftsspiel gegen Borussia Mönchengladbach, nach der TSG seine nächste große Leidenschaft im Fußball. Am 8. November 1992 war der Bundesligist am Heger. Der damalige Bezirksligist von der Saale verlor zwar mit 1:12, doch das „unheimliche Gefühl“, das der Tag mit sich brachte, blieb tief im Gedächtnis des Mönchengladbach-Fans verankert. 3500 Zuschauer sahen sich damals die Begegnung an. Für die letzten zehn Minuten wurde Sobczak eingewechselt. Es bedeutete ihm viel. Anschließend aßen beide Mannschaften im „Braunen Hirsch“ in Calbe zu Abend. Im Jahr darauf hörte Sobczak bei den Männern auf, wechselte zu den Alt-Herren. Und spielte dort weitere 15 Jahre.

Mit der Betreuung des Teams möchte er vor allem auch Marko Fiedler so viel wie möglich an organisatorischer Arbeit abnehmen, wie Sobczak betont. „Er soll sich auf das Sportliche konzentrieren können.“ Er selbst agiert derweil im Hintergrund, bezeichnet sich als „Mädchen für alles“. Er ist es gern. Auch, wenn Fiedler der Meinung ist, dass er „fast immer zu mütterlich ist“. Sobczak ist eben mit Herzblut bei der Sache. Loyal. Korrekt. Sanftmütig. Trainer Fiedler bekräftigt: „Für die Arbeit, die ‚Dete‘ für die Mannschaft auf sich nimmt, finden sich keine Worte.“ Die beiden kennen sich seit 22 Jahren. „Er ist der Ruhepol. Er ist für jeden ein Freund, immer höflich, nett und die Verlässlichkeit in Person. Jeder sollte ihm den Respekt entgegenbringen, den er verdient.“

Auch heute sind der Zusammenhalt untereinander, die Kameradschaft und gegenseitige Unterstützung im Team das, was den Reiz für Sobczak ausmachen, was für ihn das TSG-Gefühl ist: die Akzeptanz. „Dann vergisst man jeden Aufwand.“ Obwohl sich die Umstände ein wenig verändert haben. „Es ist alles etwas schneller geworden.“ Aber der Saisonstart verlief gut. Die Erste ist breit aufgestellt. „Die Mischung stimmt. Es sind alles Einzelkönner. Sie müssen nur noch stabiler zusammengefügt werden.“

Als sich Sobczak entschied, bei den Alt-Herren aufzuhören, wurde er Trainer der zweiten Männermannschaft, die in der Salzlandliga aktiv war und ist. Vor anderthalb Jahren folgte die Anfrage nach der Betreuung der Ersten. „Ich höre also da auf, wo ich angefangen habe – in der ersten Männermannschaft.“ Sobczak lacht und beeilt sich hinzuzufügen: „Aber ich möchte noch ein paar Jahre dabei bleiben.“ Alles andere wäre unvorstellbar.

Heute findet ein weiteres Großereignis am Heger statt, das in die Geschichte der TSG eingehen könnte. Oder? Dass Union Schönebeck zu Gast ist, sieht Sobczak doch eher nüchtern. „Es ist nicht das Spiel der Spiele. Das ist ein Punktspiel wie jedes andere.“ Wie jedes, das man gewinnen möchte. Wie jedes, bei dem „Dete“ schon bei Tagesanbruch ruhelos sein und Acht geben wird, dass es der Mannschaft an nichts fehlt. Weil es die Kameradschaft ist, die zählt. An dem Ort, an dem sich Sobczak wohl fühlt.

Quelle: Volksstimme Schönebeck vom 05. November 2016


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